Andi Mauchle
Andi Mauchle lebt – wie sein Bruder – von klein auf mit einer Sehbehinderung. In seiner Biografie tauchen gleich drei der vier auf Sehbehinderung spezialisierten Schulen auf: die Schule für Sehbehinderte (SfS) in Zürich, die Blindenschule in Zollikofen bei Bern und der Sonnenberg in Baar. Seine Eltern trimmten ihre Kinder auf Selbstständigkeit – was diese weit gebracht hat.
Nach der Schulzeit holte sich Andi Mauchle Hilfe bei der Berufsberatung des SBV (Schweizerischer Blindenverband) in Zürich. Nach einem Berufsabklärungs-Aufenthalt (BAA) im Blindenheim St. Gallen und dem zehnten Schuljahr an der Juventus Zürich wurde ihm eine KV-Lehrstelle vermittelt. Seine Kaufmännische Ausbildung bei der Mövenpick AG Zürich/Adliswil absolvierte der junge Mann trotz visuellem Handicap ohne grössere Unterstützung durch Hilfsmittel. Nur zum Schreiben auf der Schreibmaschine benutzte er eine Lupenbrille. Um dem Unterricht folgen zu können, setzte er ausserdem ein Monokular mit aufsetzbarem Umlenk-Prisma ein. So konnte er entziffern, was an der Wandtafel stand.
«Anfangs war ich skeptisch, was mich bei der SIBU erwartet. Doch dies verflog rasch und ich lernte, die Angebote und Möglichkeiten zu nutzen, die mir hier geboten werden».
Selbst ist der Mann
In der Freizeit war Andi Mauchle sportlich sehr aktiv, lange spielte er Torball. Bis in die Nationalmannschaft hat er es gebracht. Zu jener Zeit wussten Betroffene noch nicht viel über Fördermöglichkeiten. Zwar gab es die Spezialschulen, doch ausserhalb davon gab es nicht viele Optionen. «Die Sehbehinderten werden in der Behindertenszene eher stiefmütterlich behandelt, frei nach dem Motto ‹Die gibt es ja auch noch›» meint Andi Mauchle. «Gäbe es die Selbsthilfe oder Szenen wie das Torball nicht, wäre es für uns noch schwieriger».
Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Andi Mauchle liess sich nach Abschluss der KV-Lehre zum Fitness-Instruktor ausbilden. Danach arbeitete er gut 4 Jahre als Fitness-Coach in einem Fitness-Center. Ein Kollege von ihm arbeitete in der Druckbranche und fragte ihn, ob er als Schichtarbeiter in der Druckweiterverarbeitung arbeiten möchte. Die besseren Anstellungsbedingungen und das neue Betätigungsfeld reizten ihn. Er wechselte den Beruf und blieb für die nächsten 20 Jahre in der Druckbranche. Dabei überstand er verschiedene Umstrukturierungen. Eine davon brachte die Zusammenlegung dreier Druckereien in ein Druckzentrum. Als auch in diesem eine Zusammenlegung auf Raten mit einer weiteren Druckerei bevorstand, wollte ihn sein Vorgesetzter unbedingt behalten; so wurde Andi noch drei weitere Jahre in der Spedition sowie Warenannahme/-ausgabe des Druckzentrums eingesetzt.
Andi Mauchle boxte sich also durch, bis keine Wege mehr offenstanden. Im April 2017 ereilte auch ihn, wie viele andere zuvor, das Schicksal der Kündigung. Ein Jahr lang hielt er sich irgendwie über Wasser. Schrieb über 150 Bewerbungen. Nie wurde er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obwohl er seine Sehbeeinträchtigung in den Bewerbungsunterlagen gar nicht explizit erwähnt hatte. Seine Kontaktperson vom SBV Zürich begleitete ihn an ein Gespräch bei der IV-Stelle. Daraus resultierte letztlich die Vermittlung an die SIBU.
Handicap beim Lesen
Der sehbehinderte Mann hat grosse Mühe mit dem Lesen; er benötigt eine markante Vergrösserung, sonst ist das Lesen zu anstrengend. Bei der SIBU lernt er, mit Zoomtext zu arbeiten. Diese Hilfssoftware vergrössert alle Texte auf dem Computer, auf Wunsch liest sie Texte auch vor. Mit den richtigen Tastaturbefehlen kann Andi Mauchle in den Texten navigieren, sie weiterbearbeiten und so die notwendigen Arbeiten effizient bewältigen.
Andi Mauchle: «Die SIBU ist eine Organisation mit viel Erfahrung, die alle Betroffenen in ihrer persönlichen Situation abholt und ihnen Wege aufzeigt, wie sie beruflich integriert bleiben können».
Andi gehört zu jenen Menschen im Sehbehindertenwesen, die ein grosses Kontaktnetz pflegen. Durch die Gewohnheit, mehrheitlich auf sich selbst gestellt zu sein, kostete es ihn einiges an Überwindung, bis er letztlich bei der SIBU an die Tür klopfte. Heute ist er um diesen Schritt sehr froh. Seinen Kolleginnen und Kollegen, die den Weg nach Basel noch nicht gefunden haben, sagt er heute: «Holt euch früher Hilfe durch Spezialisten als ich. In Basel sind kompetente und hilfsbereite Fachpersonen, die jeden ihrer Klientinnen und Klienten professionell begleiten».